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Bundesfinanzhof stärkt die Rechte von Grundstückseigentümern!

I. Was hat der Bundesfinanzhof entschieden?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschlüssen vom 27.05.2024 in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV), https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410095/) zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 ergangen (sog. Bundesmodell), das in mehreren Bundesländern (so auch in NRW) Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 1. Januar 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften enthalten nach der gesetzgeberischen Konzeption aus Gründen der Automatisierung und Bewältigung der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.

Das FG hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die gegen die Entscheidungen des FG erhobenen Beschwerden des FA hat der BFH in seinen Beschlüssen als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der

Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe. Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteige.

In beiden Streitfällen kam der BFH zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten.

II. Kann der Grundsteuerwertbescheid angefochten werden?

Im Grundsteuerwertbescheid wird die Höhe des Grundsteuerwerts festgestellt. Er ist Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbescheid.

Der Grundsteuerwertbescheid kann – wie jeder andere Steuerbescheid auch – mit einem Einspruch angefochten werden. Ist die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen (Die Frist zur Einlegung eines Einspruchs beträgt einen Monat) oder wurde bereits Einspruch eingelegt besteht nach den Beschlüssen des BFH die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert (= Veräußerungspreis) nachzuweisen. Das Übermaßverbot kann verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Dies setzt nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt.

Ist die Einspruchsfrist bereits abgelaufen und es wurde auch kein Einspruch eingelegt, ist der Grundsteuerwertbescheid bestandskräftig und kann nicht mehr einem Einspruch angefochten werden. Bestandskräftige Bescheide können nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden.

Ob die Finanzverwaltung vor dem Hintergrund der Entscheidungen des BFH, Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, einen niedrigeren gemeinen Wert auch im Falle der Bestandskraft des Grundsteuerwertbescheides nachzuweisen, bleibt abzuwarten.

III. Kann der Grundsteuerwertbescheid im Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid angefochten werden?

Nein! Einwendungen gegen den Grundsteuerwertbescheid können nicht im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid geltend gemacht werden.

Der Grundsteuermessbescheid zum 01.01.2025 ergeht regelmäßig zeitgleich mit dem Grundsteuerwertbescheid. In ihm wird der Grundsteuermessbetrag durch die Multiplikation des Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl festgesetzt. Er ist Folgebescheid zum Grundsteuerwertbescheid und Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. Im Rahmen eines Folgebescheides kann ein Grundlagenbescheid (hier: Grundsteuerwertbescheid) nicht angefochten werden.

IV. Kann der Grundsteuerwertbescheid durch Anfechtung des Grundsteuerbescheides angefochten werden?

Nein! Auch im Einspruchsverfahren können gegen den Grundsteuerbescheid keine Einwendungen gegen den Grundsteuerwertbescheid erhoben werden.

Im Grundsteuerbescheid (= Grundbesitzabgabenbescheid der Stadt Lohmar) setzt die Stadt Lohmar durch Multiplikation des Steuermessbetrages mit dem von ihr in der Haushaltssatzung festgesetzten Hebesatz die vom Grundstückseigentümer zu zahlende Grundsteuer fest. Er ist Folgebescheid zum Grundsteuermessbescheid. Auch hier gilt: Als Folgebescheid zum Grundsteuermessbescheid ist eine Anfechtung des Grundlagenbescheides (hier: Grundwertsteuerwertbescheid) schon gar nicht möglich.

V. Ist der neue Grundsteuerwert verfassungsgemäß?

Bereits das FG hatte ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften.

Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die Antragsteller bereits aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstückes mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts hat der BFH damit nicht verbunden. Er musste also zur Verfassungsmäßigkeit des Grundsteuerwertes keine Stellung beziehen.

Ob das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der neuen Bewertungsregeln feststellen wird, muss abgewartet werden, dürfte aber nach den Erfahrungen mit der Reform der neuen Grundsteuer eher unwahrscheinlich sein. Vielmehr dürfte es – wie es der BFH bereits mit der Möglichkeit des Nachweises eines geringeren gemeinen Wertes entschieden hat – eine verfassungskonforme Auslegung der neuen Bewertungsregelungen fordern.

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